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Einführung in Konzepte und Elemente des modernen Sichtschutz im Garten

Klärung der Sichtverhältnisse

Bestandsaufnahme

Bevor wir uns wild und mit Begeisterung in die grosse Auswahl an durchdesignten, modernen Sichtschutzelementen stürzen, nehmen wir uns ein wenig Zeit, um eine kurze Bestandsaufnahme zu machen.

Nur weil wir uns “nackt” fühlen, heisst das noch lange nicht, dass wir uns einmauern müssen.

Wir klären jetzt erst einmal die “Sichtverhältnisse”.

In den nachstehenden Schemata zeige ich auf, welche Situationen und damit verbundene Probleme prinzipiell vor Ort vorhanden sein können.

Ausgangssituationen

Grundsätzlich gibt es 3 mögliche Ausgangssituationen:

1. Beobachter auf gleicher Höhe wie    Gartenbesitzer

2. Beobachter befindet sich auf einem erhöhteren Standort als der Gartenbesitzer

3. Beobachter befindet sich unterhalb des Gartenbesitzers

Situation 1 – Beobachter auf gleicher Höhe

Deine Terrasse, Dein Garten, oder Dein Lieblingsplatz befinden sich auf gleicher Höhe mit dem Betrachter, den wir im folgenden Freddy Vorwitz nennen wollen.
Freddy hat buchstäblich ein Auge auf Sonja Sonnenschein geworfen. Er scheint sehr interessiert zu sein an der offenherzigen Gestaltung des Gartens und ebenso sehr an der jungen Dame auf der Terrasse.

Situation 1

Freddy Vorwitz ist in diesem Fall auf der gleichen Höhe wie Sonja Sonnenschein.
Diese Situation ist noch recht einfach zu lösen.
Um Herrn Vorwitz zu bremsen kann Frau Sonnenschein ein bauliches Sichtschutzelement, die Hecke am laufenden Meter oder eine einfache Hecke installieren.

Situation 2

Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Sichtschutz in der Nähe der Dame oder in Richtung Betrachter positioniert wird.

Normalerweise wird sich Sonja Sonnenschein natürlich für eine grenznahe Lösung entscheiden, damit sie keinen Platzverlust auf dem eigenen Terrain hat.

Dies kann sich aber unter Umständen ändern, wenn zusätzlich die Problematik von Situation 2 dazu kommt.
Hier können mögliche Einblicke durch eine erhöhte Bebauung in der Nachbarschaft bestehen.
Betrachten wir uns diesen Fall einmal näher:

Situation 2 – erhöhter Standpunkt des Beobachters

Situation 3

Freddy Vorwitz beobachtet Fräulein Sonnenschein von einem erhöhten Standpunkt aus.
Dies kann eine Strasse sein, die höher liegt oder eine mehrgeschossige Bebauung.

Wie wir in der folgenden Ansicht sehen, genügt es in diesem Fall nicht, ein Sichtschutzelement, die Hecke am laufenden Meter, oder eine ander Hecke zu installieren.

Diese Lösungen sind für Situation 2 nicht geeignet. Nur durch extremes Heranrücken mit dem Sichtschutz an Frau Sonnenschein, kann ein gewisser Teilerfolg verbucht werden.

Dies geht aber auf Kosten der räumlichen Freiheit und Weite – solche Lösungen wirken erdrückend, beengend, klaustrophobisch. Mit den Standardhöhen (150-200 cm) kann Frau Sonnenschein nicht glücklich gemacht werden.

Situation 4

In diesem Fall kann die Einbindung von Spalierbäumen Abhilfe schaffen. Wie nachstehend deutlich wird, wirkt die flachgeformte Baumkrone auf dem Hochstamm blickbrechend.

Sonja kann sich in aller Ruhe bräunen, ohne Freddys Blick zu spüren.
Auch ist der Baum so positioniert, dass eine angenehme Gartensituation entsteht.
Keine “Ummauerung” oder “Überrolltwerden” von Hecken oder Sichtschutzwänden.

Wenn Sonja ihre “schwebende Hecke” aus Spalierbäumen mit einer normalen Schnitthecke kombiniert, kann sie sicher sein ihre Privatsphäre zu behalten.

Situation 6

SITUATION 3 – BETRACHTER BEFINDET SICH AN EINEM TIEFEREN STANDORT

Kommen wir nun zur letztmöglichen Ausgangssituation.
In diesem Fall befindet sich Sonja mit ihrer Terrasse weit oberhalb von Freddys Standort, so dass nur geringfügige Eingriffe nötig sind, damit Sonja sich sicher fühlt.

Situation 7

Sonja befindet sich, durch ihre erhöhte Position, in der glücklichen Lage einen fantastischen Ausblick geniessen zu können.
Hier kommen wir zu einem grundlegenden Problem bei der Planung eines funktionierenden Sichtschutzes.

 

Situation 8

 

Wie wir in diesem Fall gut sehen können, ist es nicht immer sinnvoll einen komplett geschlossenen Sichtschutz zu realisieren.

 

Situation 9

Sonja befindet sich in einem gefühlmässigem Dilemma zwischen ihrem Wunsch nach Schutz und Geborgenheit (das Gefühl innerhalb der “eigenen vier Wände”) und dem Drang nach Freiheit und Weite (hier gegeben durch einen unverbauten Ausblick über die Eifelwälder bis hin nach Luxemburg – also nur so zum Beispiel).

 

Situation 10

 

Oft können wir hier durch kleine, steuernde Massnahmen innerhalb eines grünen Sichtschutzkonzeptes, grosse Effekte erzielen. Durch das Bepflanzen an ausgewählten Standorten mit ausgewählten Pflanzen, lässt sich die Situation so lösen, dass beiden Wünschen unserer Sonnenanbeterin Rechnung getragen wird.

Situation 11

Auch die dezente Einbeziehung von Ausstattungelementen, wie bepflanzbaren Lounge-Möbeln kann effektiv sein, ohne dass wir den Eindruck gewinnen, das hier jemand “Sichtschutz” installiert hat. Diese Vorgehensweise wird genauer im Kapitel “Sekundärer Sichtschutz” behandelt.

Eine weitere Möglichkeit bietet sich an, in dem wir einen Teil von Sonjas Terrasse in Sitzhöhe absenken, so dass aus Fussboden Sitzbank wird.

Möchte Sonja den Ausblick geniessen, kann sie sich in den “normalen” Terrassenbereichen aufhalten.
Beim Wunsch nach Privatsphäre betritt sie einfach ihren “sunken garden” also ihren abgesenkten, privaten Terrassenbereich.
Solche Loungebereiche kann man wunderbar mit Outdoorkissen ausstatten. In der Mitte kann ein Wasserelement für Stimmung sorgen, bzw. eine kleine Feuerstelle zu “Lagerfeuerromantik” verhelfen.

Das interessante bei den konzeptionellen Lösungen unter Verwendung von sekundären Sichtschutzelementen, sind die unendlichen Kombinationsmöglichkeiten.
Gleichzeitig bemerkt niemand, dass es sich bei der gemütlichen Terrassengestaltung um ein ausgereiftes Sichtschutzkonzept handelt.
Ist halt die alte Frage mit dem Huhn und dem Ei……

Situation 12

Spalierbäume – die schwebende Hecke

Sichtbarkeit durch bauliche Enge
Wir sehen uns heute als Haus- und Gartenbesitzer zunehmend mit dem Problem der baulichen Enge konfrontiert. Die Grundstückspreise steigen, die Bebauung wird höher, Häuser rücken immer näher zueinander, die Gärten werden kleiner. Durch die Enge der Gärten und die Mehrgeschossigkeit der Immobilien rückt das Problem der “Sichtbarkeit” auch immer weiter in die Höhe.

Oft reicht es nicht aus, eine Hecke oder Sichtschutzelemente an der Grundstücksgrenze zu platzieren. Die Nachbarn aus der fünften Etage können unseren Roman im Liegestuhl auf der Terrasse mit lesen. Aber seien wir mal ehrlich, selbst wenn keiner in unseren Garten schaut, es fühlt sich so an als ob es so wäre.

Auch der Pflanzenliebhaber muss in solchen baulichen Situationen Abstriche machen. Bäume, die in “normalen” Gärten ein unvergleichliches Ambiente verbreiten, haben einfach keinen Platz. Ein schöner Baum und der Garten ist zu.

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Ganz aussichtslos ist die Situation allerdings nicht. Der Baumfreund und Liebhaber lebendiger Gärten findet hier bei den Formgehölzen Hilfe. Mit der Verwendung von sogenannten Spalierbäumen schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir können grosse Gehölze auf engstem Raum etablieren mit all den Vorzügen die auch freiwachsende Bäume auszeichnen (Blüte, Fruchtschmuck, Herbstfärbung). Zusätzlich lösen wir auf eine (in Deutschland) nicht (mehr) ganz alltägliche Weise das Problem unserer “Freunde” im fünften Stock gegenüber.

Wenn Aussenräume also nach einer vertikalen Grünstruktur verlangen, aber kein Platz für grosse Baumkronen zur Verfügung steht, finden wir bei den Spalierbäumen Freunde und Helfer. In diesem Fall erfüllen uns hochstämmige oder niedrige grüne Wände, flache Spalierformen aber auch Kronen in Würfel- oder Kubenform,unseren Wunsch nach Grün.

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Wenn wir diese Formgehölze in einem repititiven Schema verwenden, also regelmässig bestimmte Kronenformen wiederholen, können wir Gebäudelinien in den Freiraum übertragen.
Wir bilden somit das lebendige Grundgerüst für unser “Wohnzimmer im Freien”.

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Von weitem wirken solche Installationen wie “schwebende Hecken”. Solcher Art gestaltete Gärten wirken einzigartig in der klaren Linienführung und der lebendigen Blatttextur.

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Spalierbäume kann man untereinander sehr lebendig kombinieren. In Verbindung mit der “Hecke am laufenden Meter” erhält man einen abwechslungsreichen und perfekt funktionierenden Sichtschutz.

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Im Winter bleibt der architektonische Habitus klar erkennbar und verbreitet einen ganz eigenen Charme.

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Tarnung und Intimität
Bei der Konzeption des eigenen Gartens sind wir oft mit unerwünschten Elementen des Nachbargrundstücks (aber auch des eigenen Terrains) konfrontiert. Hier können Spalierbäume eine Lösung bieten.
Geschickt positioniert, lenken die Pflanzen von den unschönen Elementen ab, verschieben den Horizont und leiten den Blick des Betrachters in eine andere Richtung.

Falls die störenden Elemente (z.B.: unsere Freunde im fünften Stock) zu erhöht liegen, können dachförmig geschnittene Bäume die gewünschte Intimität gewährleisten.

Arten und Grössen
Die Spalierlinde und die Dachplatane sind die bekanntesten Vertreter der Formbäume. Darüber hinaus gibt es aber noch zahllose andere Baumarten, die alle ihren ganz eigenen Reiz haben. Ahorn, Amberbaum, Buche, Blutbuche, Hainbuche und Parrotien sind nur eine kleine Auswahl aus dem Fundus der Baumschulen.

In dem Artikel Sichtschutzkombinationen Teil 7 – Sichtschutz-HPL, Hecke-am-laufenden-Meter, Spalierbäume und kastenförmig geschnittene Säulenbäume findet Ihr ein paar Anregungen zur kreativen Verwendung von Spalierbäumen.

Viel Spass damit, Patrick

Moderner Sichtschutz – die Suche nach einer ästhetischen Lösung für ein ganz praktisches Problem

Hallo und willkommen zum ersten Artikel des Blogprojekts „ Moderner Sichtschutz im Garten“.

Ich heisse Patrick Seibel-Buschmann und bin Dipl.-Ing. für Landschaftsarchitektur (FH).

Bei meiner täglichen Arbeit setze ich mich ständig mit dem Wunsch nach Privatsphäre im Garten, auf der Terrasse und auf dem Balkon auseinander.

Mit meiner Artikelserie möchte ich Euch kurz aufzeigen, was es für Möglichkeiten gibt, einen modernen, funktionierenden Sichtschutz zu realisieren, der sich harmonisch in den vorhandenen Garten eingliedert und diesen sogar aufwertet.

Schön, dass Ihr hierher gefunden habt. Wenn Du auf dieser Seite gelandet bist, suchst Du nach einer ästhetischen Lösung für ein ganz praktisches Problem:

Dich kann jeder sehen, genau dann wenn Du eigentlich alleine sein möchtest.

Das Problem geht aber noch tiefer:
selbst wenn Dich in Wirklichkeit niemand anschaut, hast Du aber das Gefühl, ständig beobachtet zu werden.
Wenn sich dieses Gefühl einmal in Deinem Kopf festgesetzt hat, ist an Entspannung nicht mehr zu denken.

Aber genau dafür ist unser Garten und unsere Terrasse gedacht:
nach einem harten Arbeitstag im Büro, schiebst Du die Terrassentür auf, trittst nach draussen, atmest tief durch und geniesst die Ruhe Deines kleinen, grünen Refugiums. Du machst es Dir in einer Liege bequem, schliesst die Augen, lässt Dein Gesicht von den letzten Sonnenstrahlen des Tages wärmen, nippst an Deinem Weinglas und der ganze Stress des Tages fällt von Dir ab.

Soweit die Theorie:
da Du aber hier auf dieser Seite gelandet bist sieht die Wirklichkeit möglicherweise eher so aus: nach einem harten Arbeitstag im Büro schiebst Du die Terrassentür auf, trittst nach draussen, atmest tief durch und …. Nachbar Meyer kommt durch Deinen Garten gestapft, um Dich zu fragen, woher Du eigentlich Deinen schicken Esstisch aus Sichtbeton bezogen hast. So ein Stück sei doch eher selten und überhaupt, wieviel Personen waren denn notwendig, um den zu installieren, soweit er sich erinnern kann waren es mindestens 5, die er gesehen hat.

Dein Blick sucht nach einer Ablenkung um Herrn Meyer zu entkommen, fällt aber lediglich auf das hässliche Grundstück am Ende Deines Gartens, wo die Baucontainer seit zwei Wochen stehen. Ein vierstöckiges Mehrfamilienhaus ist hier geplant. Die können Dir nachher von oben auf den Teller schauen.

Hoffnungsvoll schweift Dein Blick Richtung Westen. Dort sind nette Nachbarn, mit denen Du Dich gerne unterhältst. Hier brauchst Du eigentlich nicht ständig Privatsphäre, sondern eher eine Zwischenlösung. Richtig zubauen wäre hier übertrieben. W enn da nicht der ständige Westwind wäre, der zwischen den Häusern durchpfeift. Hier müsste eine Lösung gefunden werden, die Dich zwar vor dem Wind schützt aber noch Kontaktmöglichkeiten zu den netten Nachbarn lässt.

Doch was nützt das alles, wenn Du nachher eingemauert in Deinem Garten sitzt und förmlich erdrückt wirst von Deinen Sichtschutzwänden.

Du hast es geschafft Deine Wohnung modern und gemütlich einzurichten, aber draussen gibt es nichts, was Dich in den Garten zieht, obwohl die Sonne mittlerweile schon eine gewisse Kraft hat. Eigentlich sollte Dich nichts mehr drinnen halten.

Man müsste es schaffen die Gemütlichkeit des Wohnzimmers auf die Terrasse und in den Garten zu übertragen. Gleichzeitig sollte man das Gefühl des “beobachtet Werdens” aus dem Kopf bekommen.

Das Ganze sollte auch nicht zu schwerfällig und erschlagend wirken. Es sollte ein geschlossene Lösung sein, die aber gleichzeitig noch bei Bedarf Kontaktmöglichkeiten offen lässt.

Lass uns gemeinsam versuchen eine Lösung für Dein Problem zu finden.

Bevor Du nach Deinen geschmacklichen Vorstellungen ein Sichtschutzelement aus verschiedenen Möglichkeiten (grüner Sichtschutz, Sichtschutzelemente oder sekundärer Sichtschutz) auswählst, solltest Du einen kurzen Blick auf den Bereich Sichtschutzkonzepte werfen. Nimm Dir ein paar Minuten Zeit und nutze dort die Möglichkeit etwas Abstand zu gewinnen und Dein Problem aus einer gewissen Distanz zu betrachten.

1. Analysiere zuerst die örtlichen Gegebenheiten und ordne Dich einer der hier aufgeführten Ausgangssituationen zu. Allein dieser Schritt lässt Dich Dein „Problem“ mit anderen Augen sehen und Du kannst möglicherweise durch eine geringfügige gestalterische Änderung Grosses bewirken.

2. Finde genau heraus welche Beweggründe Du hast, eine Sichtschutzlösung zu finden und definiere die Wirkungsweise der Elemente. Möchtest Du einen blickdichten, halbtransparenten oder transparenten Sichtschutz. Willst Du möglicherweise zwei gegensätzlich Effekte durch eine einzige Lösung bewirken, z.B. Schutz vor fremden Blicken unter Beibehaltung Deiner schönen Aussicht.

3. Nimm Dir Zeit und analysiere den baulichen und pflanzlichen Bestand. Welche Elemente, Materialien oder Farben kannst Du aus der vorhandenen Architektur übernehmen.

4. Denke einen Schritt weiter. Hast Du möglicherweise im Garten ein weiteres Projekt vorgesehen (sekundärer Sichtschutz), dessen Materialsprache Du als Einfriedungselement wieder aufgreifen kannst und dessen bauliche Struktur bereits die Kriterien eines Sichtschutzes erfüllt. Beispiele hierfür wären die Realisierung eines Loungebereichs, einer Kubus- oder Pergolastruktur, eines Outdooroffices, eines Carports oder Gartenhauses.

5. Letztendlich wird auch der finanzielle bzw. zeitliche Aspekt eine bedeutende Rolle spielen. Willst Du Deinen Sichtschutz kaufen oder selber bauen, bzw. pflanzen?